MM: Würdest Du bei einer Beschreibung der Arbeitsvorgänge den Prozeß des Malens, von dem des Absaugens oder der Bearbeitung des Bildes mit Klebestreifen, trennen? Ist das Malen eher, plakativ formuliert, spontan und expressiv, wohingegen das Abtrocknen oder Abziehen des Klebestreifens eher ein konzeptioneller Eingriff ist, der das Malen kontrolliert oder in Form bringt?
HN: Nein, jeder Arbeitsvorgang ist gleichberechtigt. Das Ab kleben, das Auftragen der Farbe, sowie das Abziehen der Farbe, das ist durchaus spontan, vielleicht auch „expressiv“, regulieren kann man dann nur durch eine neue Schicht. Das heißt, erst nach einem kompletten Arbeitsgang präsentiert sich das Resultat, ist die Anschauung möglich.

MM: Sicher fällt in dem Zusammenhang Deiner Arbeiten der Name Graubner, hin und wieder.
HN: Sicher, diesen Vergleich kenne ich, das ist schon öfter gesagt worden, auch Rothko, was ich für unrealistisch halte, natürlich habe ich mich mit Graubner beschäftigt. Aber mich interessiert, wie sich der Raum aufbaut. Graubner entschlüsselt seinen Raum nicht, das würde bei ihm einiges zerstören, das würde seiner Intention wohl auch entgegenwirken. Ich will wissen, wie der Raum sich aufbaut, das ist vielleicht ein Unterschied.

MM: Deine Räume sind ja konstruiert, fast architektonisch aufgeschichtet.
HN: Ich habe bei Icke Winzer studiert und wenn ich sage, daß mich der Aufbau des Raumes interessiert und daß ich den Aufbau des Raumes sichtbar machen will, das erinnert vielleicht auch an analytische Malerei.
Durch diese Betonung des Raumes ist der malerische Effekt, etwa über starke Farbkontraste, unwichtig, im Gegenteil, meine Arbeiten sind in der Regel eher „ausgeglichen“. Starke Farbigkeit, ein grelles Bild, würden vom Eigentlichen nur ablenken. Ich wünsche mir schon, daß man ganz aus der Nähe erspüren will, wie meine Bilder gemacht sind, wie die Schichten, wie die Abfolge der Schichten angelegt ist.

Gespräch: Markus Müller mit Horst Noll, Frankkfurt am Main, 1988


   Acryl-auf-Papier
   100 x 200 cm
   1987